Streuobstwiesenpflege

von Markus Zehnder, Landratsamt Zollernalbkreis und Dr. Florian Wagner, Pliezhausen

Der Pflegerückstand im Streuobstbau ist alarmierend. Mit qualifizierten Ausbildungen motiviert der LOGL auf breiter Ebene zur fachgerechten Pflege

1. Einleitung und Problemstellung

Die heute als Streuobstbau bezeichneten Obstwiesen waren bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die verbreitete Kulturform des Erwerbsobstbaus. Schädlingsbekämpfung und sachgerechte Düngung waren üblich und Voraussetzung für marktfähige Fruchtqualität und Baumgesundheit. Mit der Umstellung des Erwerbsobstbaus Ende der 1950er-Jahre auf niedere Stammformen und dem Einstellen der Baumwarteausbildung wurde die inzwischen unwirtschaftlich gewordene Pflege der hochstämmigen Obstbäume vernachlässigt. Heute zeigen die im Albvorland noch weit verbreiteten Streuobst-Bäume alarmierende Absterbeerscheinungen. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig, neben Krankheiten wie Birnengitterrost, Feuerbrand und Birnenverfall spielen die mangelhafte Nährstoffversorgung und der schlechte Pflegezustand der Baumkronen eine entscheidende Rolle.

Einhergehend mit der nachlassenden Pflege wurde die naturschutzfachliche Wertigkeit der inzwischen meist extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen erkannt. Streuobstwiesen sind weithin bekannt als Lebensraum anspruchsvoller, auf halboffene Landschaften angewiesener Vogelarten wie z.B. Wendehals, Steinkauz, Rotkopfwürger, Gartenrotschwanz, Grauspecht und Halsband-schnäpper.

In günstigen Obstbaulagen wie z.B. dem Mittleren Neckarraum und im Albvorland finden sich trotz des landesweiten Rückgangs durch Rodung und Überbauung auch noch heute ausgedehnte Streuobstgebiete. Große Teile dieser für den Vogelschutz bedeutsamen Flächen wurden gemäß der EU-Vogelschutzrichtlinie als Schutzgebiete nach Brüssel gemeldet. Daraus ergibt sich eine grundsätzlich neue Situation für große Landesteile: während Streuobstwiesen in Baden-Württemberg bislang nicht als gesetzlich geschützter Biotoptyp angesehen wurden, stehen im Zusammenhang mit NATURA 2000 viele Streuobstflächen heute unmittelbar unter dem Schutz der EU-Vogelschutzrichtlinie, bei einem Vorhandensein artenreicher Wiesen oftmals auch unter dem Schutz der FFH-Richtlinie.

Doch der Gesamtzustand der Streuobstbestände in Baden-Württemberg ist insgesamt sehr schlecht. Verschiedene regionale Untersuchungen im mittleren Neckarraum zeigen, dass binnen 20 Jahren mit einem Rückgang der Bestände um bis zu 50% zu rechnen ist. Als Hauptursache wird zwischenzeitlich von vielen Experten neben feuerbrandbedingten Rodungen und dem Auftreten des Birnenverfalls (Pear decline) allem voran die fehlende Pflege angesehen. Der vorliegende Aufsatz soll daher Hinweise zu den notwendigen konkreten Pflegemaßnahmen in Streuobstbeständen geben.

Abb. 1: Bis vor etwa 40 Jahren erhielten die Obstbäume eine regelmäßige Düngung

2. Streuobst – ein bedrohtes Kulturgut

„Streuobstbestände“ sind in ihrer Existenz zwingend an die Kulturtätigkeit des Menschen gebunden. Daher führt die Aufgabe der Kulturtätigkeit (Pflanzung, Pflege) zwangsläufig zum Verschwinden dieses Biotops. Zum Erhalt von Obstbaumbeständen ist folglich eine fachgerechte Bewirtschaftung notwendig. Dabei muss zwischen den beiden Nutzungsebenen „Baumbestand“ und „Unterwuchs“ unterschieden werden. In der Realteilungslandschaft Baden-Württembergs ist derzeit zudem eine Entkopplung der beiden traditionellen Hauptnutzungsformen der Streuobstwiesen zu beobachten. Die Nutzer des Obstes und des Unterwuchses (i.d.R. Grünland) sind oft nicht mehr identisch. Während für die Nutzung des Grünlandes verschiedene Förderprogramme und diverse Maßnahmenempfehlungen vorliegen und der ertragsorientierte Baumschnitt seit Jahrzehnten gute fachliche Praxis darstellt, existieren bislang kaum Handlungsanleitungen zur Pflege der Bäume aus naturschutzfachlicher Sicht. Eine Ursache für den zögerlichen Umgang mit der Thematik ist darin zu sehen, dass beim Ausbleiben jeglicher Pflege am Baum stellenweise ein kurzzeitiger „Naturschutzerfolg“ sichtbar zu sein scheint. Mit der mangelhaften Belichtung in ungepflegten Kronen sinkt jedoch nicht nur die Belichtung des Unterwuchses sondern auch die Habitatqualität für zahlreiche Vogelarten.

Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass von der mangelnden Pflege nicht allein die alten Bäume betroffen sind, sondern bereits jüngere Bäume zu großen Teilen vernachlässigt werden. Weiterhin wird oft verkannt, dass es sich bei den Bäumen nicht um Wildformen handelt, die man im Notfall auch sich selbst überlassen kann, sondern vielmehr um kultivierte Sorten, die seit ihrer Entstehung auf die gärtnerisch tätige Hand des Menschen angewiesen waren. Ohne diese fachgerechte Pflege erlangen die Obstwiesen weder eine obstbaulich noch naturschutzfachlich hohe Wertigkeit.

Abb. 2: Obstwiesen prägen die Landschaft am Albtrauf (bei Neuffen/Teck)

Abb. 3: Alte Obstbäume und hier besonders die landschaftsprägenden Birnbäume (Beispiel: Fässlesbirnen) zeigen alarmierende Absterbeerscheinungen

3. Pflegepraxis

Die derzeit gelehrte Schnittmethode der „Rund- oder Pyramidenkrone“ nutzt weitgehend den natürlichen Wuchs der Bäume aus. Der Name Rundkrone leitet sich von der – aus der Vogelperspektive gesehen – runden Kronenform ab. Die Krone wird von drei bis vier Leitästen und einer Stammverlängerung oder Mitte gebildet. Diese Schnittform ist sowohl für Tafel- als auch Mostobstsorten geeignet.

Eine besonders konsequente Art der Pyramidenkrone wird mit dem „Oeschbergschnitt“ praktiziert. Er wurde ab 1930 vom damaligen Leiter der Schweizerischen Zentralstelle für Obstbau (heute Kantonale Gartenbauschule) Hans Spreng in Oeschberg entwickelt und wird bis heute in leicht abgewandelter Form vorwiegend in der Schweiz und in gewissem Umfang auch in Baden-Württemberg angewandt. Sie unterscheidet sich nur in einzelnen Punkten von der heute gelehrten Schnittmethode der Pyramidenkrone. So werden beim Oeschbergschnitt an den Leitästen keine Seitenäste erzogen, sondern lediglich möglichst (Leit)astparallele Fruchtäste. Dadurch wird ein Verbauen der Krone verhindert. Die gute Entwicklung der Leitäste hemmt oft die Stammverlängerung, was dazu führt dass die Bäume kompakter bleiben und nicht so leicht nach oben durchgehen. Zur Verbesserung der Statik von ausladenden Fruchtästen werden diese in der Aufbauphase zuweilen angeschnitten. Der Oeschbergschnitt erfordert vor allem in der Erziehungs- und Umstellungsphase einen hohen fachlichen Anspruch und muss konsequent umgesetzt werden.

Abb. 4: Selbst Jungbäume erhalten oft keinen fachgerechten Erziehungsschnitt und vergreisen vorzeitig

Abb. 5: Im Oeschbergschnitt erzogener Apfelbaum

Kronenpflege

An ungepflegten Altkronen, wie sie überwiegend in den Streuobstwiesen zu finden sind, ist ein Auslichtungsschnitt zwar oft recht aufwändig, aber für den Erhalt der Bäume lebensnotwendig. Ein ausgewogener Schnitteingriff erhöht hier sowohl die Vitalität und Widerstandskraft als auch die Lebensdauer der Bäume und beugt damit den eingangs erwähnten Beeinträchtigungen vor. Wer hier allerdings mit zu viel Elan an die Arbeit geht, kann sehr schnell die Freude an der Arbeit verlieren, denn bei starkwachsenden Sorten reagieren die Bäume häufig mit zu starkem Austrieb.

Grundsätze beim Auslichten sind:

Beginn der Arbeiten von oben nach unten. Durch die Rücknahme von überbauenden Ästen im oberen Kronenteil wird eine bessere Belichtung der Leitäste und der inneren Kronenpartien erreicht.

Rücknahme und Erleichtern ausladender Äste von Außen nach Innen, um die Belastung bei starkem Fruchtbehang zu reduzieren.
Das Verjüngen von Fruchtholz.

Gerade in ungepflegten Kronen sind häufig gravierende Eingriffe erforderlich, um sowohl die Baumstatik als auch das physiologische Gleichgewicht wieder zu sichern. Wird hier die Schnittmaßnahme auf mehrere Jahre verteilt, ist der Aufwand überschaubar und der Eingriff für den Baum besser verträglich. Die Qualität der Früchte wird deutlich erhöht und die Vitalität und Widerstandskraft des Baumes durch die bessere Belichtung der Blätter entscheidend verbessert.

Abb. 6: Auslichtungsschnitt an einem 70-jährigen Apfelbaum (Sorte: Rheinischer Bohnapfel) Kronenpflege in Schutzgebieten

Gepflegte Streuobstbestände stellen bereits für viele bedrohte Vogelarten einen optimalen Lebensraum dar, solange ausreichendes Nistangebot und entsprechende Nahrungsrundlagen vorhanden sind (z.B. Steinkauz oder Halsbandschnäpper). In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass in gepflegten Streuobstbeständen ein reichhaltiges Angebot an alten totholzreichen Bäumen aufgrund der durchmischten Alterstruktur gegeben ist.

Angesichts des dramatischen Pflegerückstands vieler Bestände ist derzeit jedoch eher von einem Überhang an absterbenden Bäumen auszugehen. Um daher diese überalterten Bestände möglichst lange zu halten, ist es auch in ausgewiesenen Schutzgebieten (z.B. Naturschutzgebiet, Vogelschutzgebiet) unumgänglich, Baumpflegemaßnahmen durchzuführen. Naturschutzfachlich begründete Baumpflegemaßnahmen können auch im Zuge der „aufwertenden“ Pflege im Rahmen der Eingriffs-Ausgleichsregelung über ein Ökokonto erfolgen.

In Ergänzung zu den üblichen Maßnahmen sollten in solchen Fällen einige zusätzliche Aspekte bei der Altbaumpflege berücksichtigt werden. Ziel der Pflegemaßnahmen ist hier eine nachhaltige Strukturverbesserung von erhaltenswerten Streuobstbeständen. Die Schnittmaßnahmen sollen deshalb nicht primär im Sinn einer ertragsorientierten Pflege sondern lediglich zur Bestandserhaltung ausgeführt werden.

Daraus lassen sich folgende Vorgaben ableiten:

  • Ziel ist ein Auslichtungs- bzw. Erhaltungsschnitt an Obstbäumen.
  • Es ist grundsätzlich baumindividuell abzuwägen, ob ein Eingriff sinnvoll ist.
  • Die Schnittmaßnahme muss das Ziel haben eine maßvolle Bildung von Jungtrieben zu fördern.
  • Die Vitalität und die Lebensdauer der Bäume soll verbessert werden.
  • Das geschlossene Kronenbild sollte erhalten werden.
  • Etwa armdickes Totholz soll am Baum belassen werden, solange die Statik dies zulässt.
  • Die Maßnahmen sollen nur durch qualifizierte Fachkräfte durchgeführt werden (z.B. Fachwart für Obst und Garten).
  • Nicht mehr lebensfähige Bäume werden soweit notwendig aufgeastet, dass eine
  • Beeinträchtigung der Unterwuchsnutzung vermieden wird und durch Jungbäume ersetzt.
Abb. 7: Mit 3 Leitästen und schlanker Stammverlängerung erzogener Jungbaum

4. Motivation zur Pflege

Die genannten Maßnahmen lassen sich nur in begrenztem Umfang durch Vertragsnaturschutz oder Agrarumweltprogramme in der Fläche etablieren. Ganz entscheidend wird die Zukunft des Streuobstbaus davon abhängen, ob es gelingt, die Motivation zur Pflege der Bäume zu steigern. Ein wichtiges Signal hierfür wären zufriedenstellende Mostobstpreise. Mit der Ausbildung zum Fachwart für Obst und Garten erreicht der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg (LOGL) auf direktem Weg eine flächendeckende Motivationssteigerung bei Obstwiesenbesitzern. Die Beschäftigung in der Obstwiese wird nicht mehr als lästige Arbeit empfunden, sondern als willkommener Ausgleich zur alltäglichen Belastung. Abgeschieden von der hektischen Betriebsamkeit erhält die Arbeit in „Gottes freier Natur“ einen ganz neuen Wert – und dies im Gegensatz zum Besuch eines Fitnessstudios völlig kostenfrei.

Gerade in stadtnahen Regionen sind viele Obstwiesenbesitzer aber auch bereit, zur Pflege ihrer ererbten Grundstücke Geld auszugeben. Leider fehlte es bei vielen gewerblichen Anbietern bislang an ausreichenden Fachkenntnissen, so dass manch teuer bezahlte „Pflege“ nicht befriedigte. Um den Kunden ein gewisses Maß an Markttransparenz anzubieten und das Obstbauwissen auch in den gewerblichen Bereich hineinzutragen, bietet der LOGL ab 2008 eine Zertifizierung zum „LOGL-geprüften Obstbaumpfleger“ an. In diesem Lehrgang werden aufbauend auf der Fachwarteausbildung praktische, rechtliche und naturschutzfachliche Kenntnisse weiter vertieft. Dabei werden auch die oben aufgeführten Maßnahmen zur Sanierung von Altbeständen in Schutzgebieten berücksichtigt. Durch die Verleihung dieses Gütesiegels ist es erstmalig in breitem Umfang für Privatkunden, Verbände, Kommunen oder die Naturschutzverwaltung möglich, nachweislich qualifiziertes Fachpersonal mit der Pflege und Sanierung von Streuobstbäumen zu betrauen.

Grasschnitt in Streuobstwiesen

von Markus Zehnder, Landratsamt Zollernalbkreis

Viele Betreiber von Obstwiesen kennen das Problem: für Landwirte ist die Bewirtschaftung der Wiesen nicht rationell und häufig mit den großen Traktoren unter den Bäumen auch gar nicht durchführbar. Vor allem in Gebieten, in denen viele kleine private Obstwiesen (sogenannte ‚Stückle’) liegen, stellt sich die Frage, wie der Grasaufwuchs sinnvoll verwertet werden soll.

Unterbleibt die Nutzung des Grases gänzlich, verbuscht die Obstwiese in Folge der Vermehrung von Schlehe, Brombeere und anderen Gehölzen innerhalb weniger Jahre. Durch die natürliche Sukzession würden sich die Obstwiesen zuerst zu undurchdringlichen Gebüschen, dann zu Wäldern entwickeln, in denen die wenig durchsetzungsfreudigen Obstbäume schon bald unterlegen wären. Die Bewirtschaftung der Wiese ist daher für die Erhaltung der Streuobstwiesen unverzichtbar.

Aus naturschutzfachlicher Sicht ist ein zwei- bis dreimaliges Mähen, am besten mit einem Messerbalken und die Abfuhr des Mähgutes am sinnvollsten. Durch diese traditionelle Bewirtschaftungsform sind die artenreichen Blumenwiesen erst entstanden und diesen Artenreichtum gilt es zu erhalten. Ohne Zufuhr von Nährstoffen kommt es über einen längeren Zeitraum zum Ausmagern der Wiese, jedoch auch zu mangelhafter Nährstoffversorgung der Obstbäume, was sowohl zu Lasten der Vitalität als auch der Widerstandskraft gegenüber äußeren Einflüssen führt. Auch die Verwertung des Heus ist in vielen Regionen problematisch, weil hierfür nur noch eine geringe Nachfrage besteht.

Aus obstbaulicher Sicht spricht vieles für das Belassen des Mähgutes auf der Fläche. Die Nährstoffverluste werden entscheidend verringert und ein Befahren der Streuobstwiesen mit großen Mäh- und Erntegeräten kann unterbleiben. Das Mähgut zieht allerdings Feld- und Wühlmäuse an, die vor allem an Jungbäumen gravierende Schäden anrichten können.

Abb. 8: Bunte Blumenwiese auf extensiv bewirtschafteter Streuobstwiese

Für eine ökologisch vertretbare Form der Streuobstwiesen- Bewirtschaftung gilt es daher, sowohl die Artenvielfalt als auch die Vitalität der Bäume zu erhalten. Hierfür sind verschiedene Bewirtschaftungsformen denkbar. Weitergehende Hilfen zur Pflege und Bewirtschaftung von Streuobstwiesen können dem Leitfaden des LOGL entnommen werden, der bei der Geschäftsstelle erhältlich ist (siehe Literaturliste).

Zwei- bis dreimaliges Mähen ohne Abfuhr des Mähgutes

Die günstigen Mähzeitpunkte liegen in der zweiten Junihälfte sowie Ende August, oder bei starkem Aufwuchs und dreimaliger Mahd ab Ende Mai. Abhängig von der Stärke des Aufwuchses kann bei Einsatz eines Messerbalkens ein dichter Grasfilz entstehen, der die am Boden liegenden Blätter der Wiesenkräuter bedeckt und dadurch im Wuchs nachhaltig beeinträchtigt. Dies kann zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung zugunsten von Gräsern und Storchschnabelarten und damit zu einer Verringerung der Artenvielfalt führen. Besser wäre daher der Einsatz eines Mulchgerätes.

Abb. 9: Mahd mit dem Messerbalken schont die Fauna, ist jedoch sehr zeitaufwändig.

Abb. 10: Dreimalige Mahd einer extensiven Parzelle mit dem Messerbalken. Das Mähgut verbleibt auf der Fläche.

Einsatz eines Mulchgerätes

Dadurch wird das Gras wesentlich besser zerkleinert und dessen Zersetzung beschleunigt. Bei zwei Mulchgängen pro Jahr (der erste Ende Juni, der zweite Ende August) wirkt sich dies nur unwesentlich auf die Artenzusammensetzung aus (MLR, 2000). Die Mulchschicht wird innerhalb von etwa 4 Wochen durchwachsen und weitgehend zersetzt. Um die negativen Auswirkungen auf die in der Krautschicht lebenden Tiere abzumildern, sollten jedoch keine großen zusammenhängenden Flächen an einem Stück gemulcht werden.

Kurzes Antrocknen des Mähgutes mit anschließendem Zusammenrechen unter die Kronentraufe

Die Grasauflage unter der Kronentraufe sollte nur so hoch sein, dass das darunter liegende Gras nicht erstickt. So kann die Fläche zwischen den Bäumen ausmagern, während die Baumwurzeln ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. In lückigen Baumreihen ist diese Methode jedoch nicht ratsam, weil hier die Grasauflage zu mächtig wird.

Bei jüngeren Bäumen kann das Gras auf die Baumscheiben zusammengetragen werden. Hierbei darf der Stamm nicht bedeckt werden und die Mulchschicht sollte vor Wintereintritt entfernt werden, um Feld- und Wühlmäusen keine Behausungen zu bieten. Eine Beeinträchtigung der Wurzelaktivität durch Sickersäfte ist nicht zu erwarten. Der Grasaufwuchs auf der Baumscheibe wird ebenso wie ein schnelles Austrocknen des Bodens verhindert. Dadurch verbessern sich die Wuchsbedingungen für die Baumwurzeln ganz entscheidend.

Abb. 11: Mit dem Schlegelmulcher bearbeitete Fläche. Nach etwa 4 Wochen wird die Mulchschicht wieder durchwachsen

Abb. 12: Kompostierung des Mähgutes auf der Fläche

Kompostieren des Grasschnitts auf dem Grundstück

Auf kleineren Grundstücken ist auch das Kompostieren des Mähgutes auf dem Grundstück auf Mieten möglich. Nach der Pflanzenabfall-Verordnung ist dies im Außenbereich im Rahmen der Nutzung der Grundstücke an Ort und Stelle erlaubt. Die Mieten sollten aber lediglich in begrenztem Umfang, nicht dauerhaft und so angelegt sein, dass sie in der Landschaft nicht auffallen. Geruchsbelästigungen und laufende Sickerwässer müssen dabei vermieden werden.

Vier- bis sechsmaliges Mulchen eines Grasstreifens in Mäherbreite auf beiden Seiten der Bäume

Diese Methode ist vor allem während der Erziehungsphase von Jungbäumen sinnvoll. Der Nährstoffverlust im Wurzelbereich verringert sich und die Bäume sind auch bei hoch stehendem Gras noch zugänglich, um erforderliche Pflegemaßnahmen oder Schädlingskontrollen zu ermöglichen. Das Gras zwischen den Baumreihen wird nach herkömmlicher Methode bewirtschaftet.

Der hohe ökologische Wert von Streuobstwiesen ist neben der großen Arten- und Sortenvielfalt auch darin begründet, dass die Form der Bewirtschaftung oft kleinräumig wechselt. Dies ermöglicht den Tieren, bei Mähgängen von einer zur anderen Fläche zu wechseln, was die negativen Folgen eines Mähens auf die Fauna abmildert. Wenn irgend möglich, sollte die Mahd daher nicht großflächig in einem Arbeitsgang, sondern etappenweise erfolgen, um den Tieren Rückzugschancen zu bieten. Die schlechteste aller Mähvarianten ist das leider noch häufig anzutreffende wöchentliche Mähen mit dem Rasenmäher. Damit entwickelt sich eine ursprünglich farbenfrohe Obstwiese innerhalb kurzer Zeit zu einem rein grünen Obstrasen, in dem bestenfalls noch das Gänseblümchen blüht.

Das Aushagern von artenreichen Wiesen ist selbst in Fachkreisen nicht unumstritten. Neueste Untersuchungen über einen langjährigen Zeitraum haben ergeben, dass in Magerrasen sowohl bei einer behutsamen Düngung mit Mineraldünger (bis 20+20+32 kg/ha) als auch auf gemulchten Flächen die Artenzahl gegenüber einer ungedüngten Fläche deutlich höher ist (Briemle, 2006). Das langjährige Aushagern führt somit nicht nur zu einer mangelhaften Versorgung der Obstbäume, sondern auch zu einem Rückgang der Artenvielfalt in der Wiese.

Abb. 13: Mulchen eines Grasstreifens in den Baumreihen und zweimalige Mahd mit Abfuhr des Mähgutes zwischen den Baumreihen

Abb. 14: Der Rasenmäher verwandelt eine ursprünglich artenreiche Wiese in einen artenarmen „Obstrasen“

Hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nutzung der Grünlandflächen zeichnet sich derzeit ein Wandel ab. Durch die Umstellung auf die flächenbezogene Förderung steigt das Interesse der Landwirte an Grünland spürbar an. Diese Entwicklung geht allerdings an den Streuobstwiesen gänzlich vorbei, da die Bewirtschaftung von mit Bäumen bestandenen Wiesen für die Landwirte nach wie vor nicht wirtschaftlich ist. Auch für die Verwertung in Biogasanlagen ist das Heu aus extensiv genutzten Flächen von geringem Interesse. Damit bleibt die Wiesenpflege unter Obstbäumen weiterhin an den Gütlesbesitzern hängen, deren Motivation auch noch durch den verhältnismäßig hohen Grundbeitrag an die Berufsgenossenschaft gebremst wird. Ein neuer Weg zur Verwertung des Grasschnitts gerade aus extensiv genutzten Flächen wird derzeit wissenschaftlich untersucht: die Verwendung als Brennstoff in Form von Pellets (Briketts aus gepresstem Heu).